Anders krank – Warum wir Frauenmedizin brauchen
Ein Film von Franziska Mayr-Keber
TV Dokumentation -
fertiggestellt

Frauen haben ein doppelt so hohes Risiko an einem Herzinfarkt zu sterben, kämpfen häufiger mit Nebenwirkungen von Arzneien oder leben mit unerkannten Krankheiten. Im System Medizin gilt der Mann als Norm.


Abseits biologischer Unterschiede finden Frauen oft kein Gehör. Der Schmerz des Mannes wird ernst genommen, Frauen kämpfen bis heute gegen den Mythos der „hysterischen Frau“. Der Film „Anders krank – wieso wir Frauenmedizin brauchen“ sucht nach den Ursachen dieser Ungleichbehandlung.
Für die über 80-jährige Autorin Erica Fischer kam die Notversorgung gerade rechtzeitig. Sie überlebte einen Herzinfarkt, weil sie die Symptome selbst erkannte. Der Sanitäter hätte sie nach Hause geschickt.


„Frauen erleben Symptome anders,“ weiß die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky Willer von der Universität Wien. „Doch das ist nur eine von vielen Problemzonen einer auf Männer-basierten Medizin“. Medikamente wurden lange ausschließlich an Männern erprobt. Im Fokus der Forschung steht seit Jahrhunderten der Mann. Doch Frauen sind anders krank, das wurde mit der Corona Pandemie weithin sichtbar. Sie zeigen kaum schwere Verläufe, dafür teils heftige Impfreaktionen. Die Wahrscheinlichkeit an Long Covid zu erkranken, ist insbesondere für jüngere Frauen fünfmal höher.


„Frauen haben ein starkes Immunsystem,“ erklärt die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer. „doch das Immunsystem kann sich gegen den Körper richten. Deshalb sind Autoimmunerkrankungen bei Frauen häufig, erkannt werden die allerdings oft lange nicht.“
Das liege an der DNA eines Systems, das auf sexistischen Frauenbildern beruht, meint die feministische Kulturwissenschafterin Elinor Cleghorn. Cleghorn hat die seltene Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes. Erst nach acht Jahren die Diagnose: „Ein einfacher Bluttest hätte gereicht, doch den hat kein Arzt gemacht. Erst als ich nach meiner zweiten Schwangerschaft fast gestorben bin, ist man meinen Symptomen auf den Grund gegangen.“


Das Erbe des Hippokrates


Bereits Hippokrates, griechischer Urvater westlicher Medizin, definierte die Frau als Gebärmaschine und führte Krankheiten auf eine unausgelastete Gebärmutter zurück. Im 19. Jahrhundert entstand der Mythos der hysterischen Frau und damit ein potentes Mittel der Unterdrückung von Frauen. „Die Medizingeschichte wurde überwiegend von Männern geschrieben und häufig dazu missbraucht, Frauen klein zu halten“ so Cleghorn.
Häufig fehldiagnostiziert werden Frauen mit einer ADHS – Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, auch bekannt als Zappelphilipp-Syndrom. Angelina Boerger hat ihre Diagnose erst mit 27 Jahren erhalten: „Für mich war das der fehlende Puzzlestein.“ Frauen mit einer ADHS sind eher verträumt als laut und auffällig, kämpfen mit innerer Unruhe und es fällt ihnen schwer sich zu konzentrieren. Depression und Angststörungen sind typische Begleiterkrankungen und verdecken die Ursache.
Auch im Sport stand die weibliche Physis lange nicht im Fokus. Die ehemalige Triathletin Yvonne van Vlerken blickt auf eine erfolgreiche Karriere zurück, die ihrem Körper einen hohen Preis abverlangte: „Zu meiner Zeit hat niemand über den Zyklus gesprochen, das war Tabu! Trainiert haben wir genau so wie Männer. Heute weiß ich, das ist falsch und gefährlich“. Wenn der Zyklus ausbleibt, ist das ein Warnsignal für RED-S, dem Energiedefizit Syndrom im Sport. Unerkannt hat das schwerwiegende Folgen, wie Knochenbrüche, Herzprobleme und hormonelle Störungen.


Ungleich besser
„So sehr wir die soziale Gleichberechtigung von Männern und Frauen brauchen, so sehr brauchen wir in der Medizin die Ungleichbehandlung.“ meint Alexandra Kautzky-Willer. Diese gesunde Ungleichbehandlung gelte für alle medizinischen Bereiche: Forschung, Diagnose und Behandlung.

TV-Dokumentation 52 Minuten
Ein Film von Franziska Mayr-Keber