Wellness ist einer der großen Tourismus-Motoren. Vor allem in Österreich. Kaum ein anderes Land setzt so sehr auf den Wohlfühlfaktor wie wir. Große Teile der heimischen Hotellerie scheinen in den letzten Jahren umgerüstet zu haben und setzen auf das Entspannungsphänomen. Dabei bedienen sie nicht nur einen Trend. Es scheint, als ob Wellness ein echtes Bedürfnis geworden ist. Je schneller sich die Welt dreht, desto öfter wollen wir einfach einen Schritt zur Seite tun und abschalten. Aber können uns die über tausend Wellnesshotels in Österreich wirklich aus dem stressigen Alltag holen? Ist der Trend wirklich zum Gesundheitsfaktor geworden? Florian Kröppel ist der Frage nachgegangen, welche Versprechen in den verschiedenen Preissegmenten ausgesprochen werden, und was davon auch wirklich eingehalten wird.
Österreich gilt als fünftgrößter Wellness-Markt der Welt. Vielleicht hat auch Christian Werner einen gewissen Anteil an dieser sagenhaften Entwicklung. Der Wellness-Tester gibt seit über 20 Jahren den Relax-Guide heraus. Darin sind alle Wellnesshotels aufgelistet und bewertet. Sein Wort hat in der Branche Gewicht:
„Im Prinzip ist das ein gutes Wellnesshotel, das uns als Gast aufnimmt und schaut, dass es uns so schnell wie möglich entschleunigt, also herunter bringt. Das machen aber nicht alle, das können auch gar nicht alle. Es gibt eigentlich nur sehr wenige, die das gut machen.“
Aber wie gelingt Entspannung wirklich? Welche Voraussetzungen braucht es, damit wir abschalten können? Der Wissenschaftler Bernd Hufnagl geht schon seit langer Zeit der Frage nach, ob und wie wir uns eigentlich noch entspannen können. Seine Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein Großteil der österreichischen Bevölkerung zunehmend ein Problem damit hat, abzuschalten. Für ihn sind es nicht die großen Wellness-Hotels, die uns zur Ruhe bringen. Kleine, ja fast schon banale Entspannungstechniken würden im Alltag allemal ausreichen, um unseren Stresslevel zu reduzieren - vorausgesetzt, man kann sie auch anwenden.
Ähnlich sieht es auch der oberösterreichische Mediziner Martin Spinka. In seiner Studie hat er Menschen dazu verpflichtet, regelmäßig im Wald spazieren zu gehen. Und prompt wurden jene Werte des vegetativen Nervensystems aktiver, die für Regeneration und Entspannung verantwortlich sind.
Braucht es also die großen Wellness-Tempel, die Event-Sauna und die Hot-Stone-Massage, wenn schon eine kurze Meditationstechnik beziehungsweise regelmäßige Waldspaziergänge für eine nachhaltige Entspannung sorgen können?
Natürlich können wir auch bei Massagen, Peelings, Morgenyoga und der Sauna relaxen. Wie gut das gelingt, hängt aber vor allem von den vielen kleinen zwischenmenschlichen Faktoren, und weniger von den Ingredienzen der Massageöle und den Duftstoffen der Körperbutter ab. Es ist vor allem das Lächeln der Angestellten, das Umsorgt Werden im Hotel und die gekonnte Berührung bei der Behandlung, das uns zur Ruhe kommen lässt. Alles darüber hinaus scheint eine immer kostspieligere Zugabe zu sein.